+Annie Lennox: Weshalb ich eine HIV/AIDS-Aktivistin binIch möchte Ihnen die Geschichte erzählen, wie es dazu kam, dass ich zur HIV/AIDS-Aktivistin wurde. Und das ist der Name meiner Kampagne, die SING-Kampagne. Im November 2003 wurde ich zur Gründung von Nelson Mandelas 46664-Stiftung eingeladen. Das ist seine HIV/AIDS-Stiftung. Und 46664 ist die Nummer, die Mandela trug, als er in Robben Island im Gefängnis saß. Und hier bin ich mit Youssou N'Dour auf der Bühne, wo ich mich prächtig amüsierte. Am nächsten Tag waren alle Künstler dazu eingeladen, Mandela auf Robben Island zu treffen, wo er vor der Weltpresse eine Konferenz abhielt. Dabei stand er vor seiner ehemaligen Gefängniszelle. Dort können Sie die Gitter des Fensters sehen. Es war für uns alle ein Ereignis von ziemlich großer Tragweite. In diesem Moment teilte Mandela der Weltpresse mit, dass praktisch ein Genozid in seinem Land stattfindet, dass in der Regenbogennation nach dem Ende der Apartheid täglich Tausende sterben und dass die Opfer in erster Linie die verletzlichsten von allen sind, nämlich Frauen und Kinder.Das hat großen Eindruck auf mich gemacht, denn ich bin eine Frau und ich bin eine Mutter und es war mir nicht klar gewesen, dass die HIV/AIDS-Pandemie gerade Frauen derart betraf. Und deshalb habe ich mich verpflichtet -- als ich Südafrika verließ, als ich Kapstadt verließ, sagte ich mir: "Das ist eine Sache, über die ich reden muss. Der ich dienen muss." Und deshalb beteiligte ich mich seither an jeder einzelnen 46664-Veranstaltung, an der ich teilnehmen konnte, und hielt Pressekonferenzen ab, gab Interviews, redete darüber und nutzte meine Plattform als Musikerin für meine Verpflichtung Mandela gegenüber aus Respekt vor der enormen, unglaublichen Arbeit, die er geleistet hatte. Jeder in der Welt respektiert Nelson Mandela. Jeder verehrt Nelson Mandela. Aber wissen die alle, was in Südafrika gerade geschieht, in seinem Land, dem Land mit den häufigsten Fällen von Übertragung des Virus? Ich glaube, wenn ich jetzt raus auf die Straße gehen und den Menschen erzählen würde, was dort passiert, sie wären geschockt.Ein paar Jahre später hatte ich das sehr große Glück, Zackie Achmat zu begegnen, dem Gründer der Treatment Action Kampagne, ein unglaublicher Kämpfer und Aktivist. Ich traf ihn bei einer 46664-Veranstaltung. Er trug ein Shirt wie dieses, das ich anhabe. Das ist ein Werkzeug. Es sagt aus, dass ich mich solidarisiere mit Menschen, die das HI-Virus tragen, Menschen, die mit HIV leben. Und gewissermaßen wegen des Stigmas sage ich, wenn ich dieses Shirt trage: "Ja, wir können darüber reden. Es muss nicht geheim bleiben." Ich wurde ein Mitglied der Treatment Action Kampagne und ich bin sehr stolz, dass ich ein Mitglied dieser unglaublichen Organisation bin. Es ist eine Graswurzelkampagne, wobei 80 Prozent der Mitglieder Frauen sind, die meisten davon sind HIV-positiv. Sie arbeiten vor Ort. Sie erzielen eine enorme Wirkung bei den Menschen, die unmittelbar mit den Folgen des Virus leben. Sie haben Bildungsprogramme. Sie bringen die Probleme des Stigmas an die Oberfläche. Was sie tun, ist ziemlich außergewöhnlich. Und ja, meine SING-Kampagne hat die Treatment Action Kampagne unterstützt, indem ich versucht habe, Bewusstsein zu bilden und versucht habe, auch Mittel zu beschaffen. Viele der Spenden, die ich beschaffen konnte, sind direkt in die Treatment Action Kampagne geflossen und in die unglaubliche Arbeit, die sie leistet und weiterhin in Südafrika leistet.Das ist also meine SING-Kampagne. Die SING-Kampagne besteht im Grunde nur aus mir und etwa drei oder vier wunderbaren Menschen, die dabei helfen, mich zu unterstützen. In den letzten zweieinhalb Jahren habe ich die ganze Welt bereist. Ich war in etwa 12 verschiedenen Ländern. Hier bin ich in Oslo, Norwegen, einen netten, fetten Scheck entgegennehmed, singend in Hong Kong, bei dem Versuch, die Leute zum Spendensammeln zu bringen. In Johannesburg bekam ich die Gelegenheit vor einem hauptsächlich weißen südafrikanischen Mittelklasse-Publikum aufzutreten, denen am Ende die Tränen kamen, weil ich Filmausschnitte benutzte, die wirklich ans Herz gehen; das gesamte Ausmaß dieser schrecklichen Tragödie, die stattfindet, die die Menschen gerne verdrängen würden, weil sie müde sind, und sie wissen wirklich keine Lösung dafür. Aaron Motsoaledi, der derzeitige Gesundheitsminister, besuchte dieses Konzert und ich hatte die Möglichkeit, ihn zu treffen, und er gab seine verbindliche Zusage, dass er versuchen würde, eine Veränderung herbeizuführen, die absolut notwendig ist. Das ist im schottischen Parlament. Danach wurde ich eine Botschafterin für Schottland und HIV. Und ich teilte meine Erfahrungen mit ihnen und versuchte - wieder - ein Bewusstsein zu bilden. Und wieder einmal, in Edinburg, mit dem wundervollen African Children's Choir, den ich einfach verehre. Und es sind Kinder wie diese, von denen viele in Waisenhäusern leben, weil ihre Familie vom AIDS-Virus betroffen ist.Hier sitze ich in New York mit Michel Sidibe zusammen. Er ist der Direktor von UNAIDS. Und ich fühle mich sehr geehrt, dass Michel mich erst vor ein paar Monaten eingeladen hat, UNAIDS-Botschafterin zu werden. Und auf diese Weise stärke ich meine Plattform und vergrößere meinen Wirkungskreis. Die Botschaft, die UNAIDS derzeit in der Welt verbreitet, ist, dass wir es schaffen wollen, die Übertragung des Virus von Mutter zu Kind bis 2015 praktisch zu eliminieren. Das ist ein sehr ehrgeiziges Ziel, aber wir glauben, dass es mit politischem Willen erreicht werden kann. Es ist zu schaffen.Und hier bin ich mit einer schwangeren Frau, die HIV-positiv ist, und wir lächeln, wir beide lächeln, denn wir sind sehr zuversichtlich, denn wir wissen, dass diese junge Frau eine Behandlung erhält, die ihr Leben verlängern kann, damit sie sich um das Baby, das sie gebären wird, kümmern kann. Und ihr Baby wird PMTCT erhalten, was bedeutet, dass dieses Baby geboren werden kann, ohne sich mit dem Virus zu infizieren. Nun, das ist Vorsorge ganz zu Anfang des Lebens. Es ist eine Möglichkeit der Intervention gegen die AIDS-Pandemie.Nun, ich würde gerne damit enden, Ihnen die kurze Geschichte von Avelile zu erzählen. Das ist Avelile. Sie ist bei mir, wo immer ich auch hingehe. Ich erzähle jedem ihre Geschichte, denn sie steht für eine von Millionen von HIV/AIDS-Waisen. Aveliles Mutter hatte den HI-Virus. Sie starb an einer mit AIDS zusammenhängenden Krankheit. Avelile hatte den Virus. Sie wurde mit dem Virus geboren. Und hier ist sie im Alter von sieben Jahren, nicht schwerer als ein einjähriges Baby. An diesem Punkt ihres Lebens war ihre AIDS-Erkrankung vollständig ausgebrochen und sie hatte eine Lungenentzündung. Wir trafen sie in einem Krankenhaus am Ostkap und verbrachten einen ganzen Nachmittag mit ihr - ein bezauberndes Kind. Die Ärzte und Schwestern waren großartig. Sie setzen sie auf eine sehr spezielle nährstoffreiche Diät und behandelten sie mit großer Sorgfalt. Und als wir das Krankenhaus verließen, wussten wir nicht -- denn wir filmten ihre Geschichte -- wir wussten nicht, ob sie überleben würde. Es war also offensichtlich ... es war eine sehr emotionale Begegnung und diese direkte Erfahrung, dieses eine Kind, Sie wissen schon, diese eine Geschichte, rief stark nachklingende Gefühle bei uns hervor. Fünf Monate später besuchten wir Südafrika erneut, um Avelile wiederzusehen. Und ich bekomme -- die Haare auf meinem -- ich weiß nicht, ob Sie die Haare auf meinen Armen sehen können. Sie stehen hoch, denn ich weiß, was ich Ihnen jetzt zeigen werde. Das ist die Veränderung, die stattgefunden hatte. Ist das nicht außerordentlich?(Applaus)Diesen Applaus verdienen eigentlich die Ärzte und Schwestern des Krankenhauses, die sich um Avelile gekümmert haben. Und ich nehme an, dass Sie diese Art der Veränderung zu schätzen wissen. Ich würde also sagen, dass Sie, jeder hier im Publikum, wenn Sie der Meinung sind, dass jede Mutter und jedes Kind dieser Welt das Recht auf Zugang zu guter Ernährung und guter medizinischer Versorgung haben, und wenn Sie glauben, dass sich alle Regierungen der Welt -- vor allem die in Schwarzafrika -- den Milleniumszielen, besonders Nummer fünf und sechs, verbindlich verpflichten sollten, würden Sie dann bitte aufstehen. Ich denke, es ist angemessen, wenn ich sage, dass das fast alle im Saal sind.Vielen Dank.(Applaus)
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